27.07.2000 – 2021 / Düsseldorf – Wehrhahn / Polizei / Justiz / Verfassungsschutz
Eine mit TNT gefüllte Rohrbombe detoniert am S-Bahnhof Wehrhahn. Sie verletzt 10 Menschen teilweise schwer. Ein ungeborenes Kind wird im Bauch einer Schwangeren getötet.
Unter den migrantischen Opfern sind 6 Jüd:innen. Recht schnell wird deshalb von einer rassistischen und antisemitischen Tat ausgegangen.
Einer der Verdächtigen ist Ralf S. Er ist ein stadtbekannter Nazi und Waffennarr. Als Zeitsoldat bei der Bundeswehr erhielt er eine Sprengstoffausbildung. Dennoch wird er nicht verhaftet oder angeklagt. Antifaschistische Gruppen aus Düsseldorf werden später erklären: „Unserer Einschätzung nach wurde der lokalen extremen Rechten und damit auch S. die Tat nicht zugetraut. Dies geht einher mit der Ende der 90er Jahre von Antifaschist_innen massiv kritisierten Verharmlosung und Unkenntnis extrem rechter Umtriebe und Organisierung in Düsseldorf […].“
Erst 2014 fällt Ralf S. erneut auf. Der wegen eines anderen Delikts in Haft sitzende, behauptet gegenüber einem Mithäftling, die Tat begangen zu haben.
2017 wird Ralf S. festgenommen. Wieder in Haft brüstet sich Ralf S. vor einem anderen Mithäftling erneut mit der Tat. Außerdem kommt heraus, dass der V-Mann „Apollo“ im Jahr 2000 eng mit Ralf S. zusammenarbeitete. Wusste der Verfassungsschutz etwas von der geplanten Tat?
2018 bestreitet Ralf S. vor Gericht die Tat. Es wird ein Indizienprozess, der 18 Jahre nach dem Anschlag die Wahrheit herausfinden soll. Die beiden Belastungszeugen findet das Gericht nicht glaubwürdig und spricht Ralf S. von allen Anklagepunkten frei.
Im Januar 2021 bestätigt der Bundesgerichtshof den Freispruch.
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