Die Nazi-Verstrickungen der “Asgaard German Security Group” und ihrer Netzwerke
Abstract
Die „Asgaard German Security Group“ (benannt nach dem Sitz der Götter in der nordischen Mythologie) ist ein privates deutsches Sicherheits- und Söldnerunternehmen, das seit 2004 in verschiedenen Unternehmensstrukturen angemeldet war und 2009 durch ihre Verwicklung in den somalischen Bürgerkrieg in das Licht der Öffentlichkeit geriet. Das Geschäftsmodell ist seit Gründung die Anwerbung „hoch spezialisierter“ (Ex-)Mitarbeiter:innen von (Sonder-)Einheiten der Polizei und Bundeswehr zum privaten Gebäude- und Personenschutz in Krisen- und Kriegsgebieten. 2017 beispielsweise beschäftigte das Unternehmen 25 Söldner:innen zum Schutz einer „arabischen Großmacht“ von ihrer Niederlassung in Bagdad aus. Im September 2020 veröffentlichten „Kontraste (ARD)“ und „Spiegel“ eine umfassende Recherche: Heraus kam, dass das Unternehmen in seiner Bagdader Niederlassung offen NS-verherrlichende Bilder und Symbole ausstellte, gute Verbindungen zu deutschen Sicherheitsbehörden auf Landes- und Bundesebene pflegte und gleichzeitig durch Leitung und Mitarbeiter:innen die Legitimität der Bundesrepublik negiert wurde. 2020 folgten mehrere Razzien in den Räumen des Unternehmens und Wohnungen von Mitarbeiter:innen, auch wegen Terrorverdachts. Unter anderem wurde so aufgedeckt, dass ein Frankfurter Kriminalbeamter interne Informationen für das Unternehmen von Polizeicomputern abfragte und einer der Mitarbeiter als aktiver Soldat den Umsturz an „Tag X“ vorbereitete und Waffen hortete.
Vorgeschichte Asgaard im somalischen Bürgerkrieg:
Die „Asgaard German Security Group“ wurde erstmals öffentlich bekannt, als sie 2009 einen Vertrag über etwa vier Millionen Euro mit Galadid Abdinur Ahmad Darman, einem im Exil lebenden somalischen Clanchef, abschloss. Darman beauftragte das Unternehmen, militärische Einsätze zu Luft, Land und Wasser durchzuführen, um seine Präsidentschaft herbeizuführen. Anschließend sollten Asgaard-Mitarbeiter:innen lokale Militärs und Polizei ausbilden und für den Schutz von Politiker:innen sorgen. Hierzu wurde das Unternehmen u.a. zur Einfuhr von Waffen und Militärgut “zugelassen“, was sowohl dem UN-Embargo als auch der europäischen wie deutschen Außenpolitik widersprach. Internationale Regierungen unterstützten zu diesem Zeitpunkt den Übergangspräsidenten Sharif Sheikh Ahmed.
Die zuständige Staatsanwaltschaft Münster nahm 2010 Ermittlungen auf. Sie ließ neun Gebäude und Büros durchsuchen und konnte den Vertrag zwischen Darman und Asgaard sowie mehrere Tausend Schuss Munition sicherstellen. 2014 wurde ein erstes Urteil gegen zwei Mitarbeiter der Firma gesprochen. Unter ihnen der bis dato Leiter des Unternehmens, Thomas Kaltegärtner, der zum Zeitpunkt der Ermittlungen noch Mitglied der Reserve war. Sie wurden wegen des illegalen Verkaufs militärischer Dienstleistungen ins Ausland, illegalen Waffenexports sowie Diebstahl von Munition und finanzieller Mittel aus dem Besitz des deutschen Reservistenverbands verurteilt. Die Verteidigung legte Revision ein, 2019 wurde der Prozess abgeschlossen. Die Strafe: Zahlungen im geringen vierstelligen Bereich an deutsche Hilfswerke. Die Sachlage sei zu komplex und undurchsichtig für eine vollständige Klärung. Kaltegärtner wurde bereits 2010 aufgefordert, den Reservistenverband zu verlassen und verschwand aus der offiziellen Unternehmensstruktur. Im Anschluss wechselte das Unternehmen mehrfach seinen Namen und verlegte seinen Sitz, u.a. nach Irland und in die USA.
Asgaard im Irak (2014-2020):
2014 wurden Dirk Gaßmann, zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer von Asgaard, und Petja Stoy, einer seiner engsten Mitarbeiter, in der Region Erbil gesichtet. Offiziell diente ihr Aufenthalt der Begleitung eines Journalisten. Zum gleichen Zeitpunkt suchte das Unternehmen in Europa nach drei Rekrut:innen der Luftwaffe, um diese zu Pilot:innen für Aufklärungsdrohnen auszubilden. Dass der Besuch auch der Erkundung der Einrichtung eines Unternehmenssitzes in der Region diente, ist anzunehmen. Der begleitete Journalist wird 2020 im Zuge einer deutschen, öffentlich-rechtlichen Recherche interviewt und berichtet, dass in der Truppe rassistische und völkische Ideologie offen ausgesprochen und kommuniziert wurde, geradezu als verbindendes Motiv erschien.
Im September 2020 tauchen Videoaufnahmen aus einem der aktuellen „Stützpunkte“ von Asgaard in der internationalen grünen Zone im Zentrum von Bagdad, Irak, auf. Dies entspricht dem gesicherten Bereich der Stadt, in dem sich alle Büros internationaler Akteure und Botschaften befinden. Sie zeigen Außen- wie Innenaufnahmen, Raumbezeichnungen in Frakturschrift und Wehrmachtsduktus, Reichsadler sowie das Portrait eines Wehrmachtssoldaten mit der entsprechenden Losung „Klagt nicht, kämpft“. In einem der Räume befand sich eine Reichskriegsfahne an der Wand neben einem Whiteboard. Fotoaufnahmen des Geschäftsführers Gaßmann tauchen auf: Er stellt darauf die Büste eines Wehrmachtssoldaten freudig zur Schau und deutet auf ein angebrachtes Hakenkreuz. Die Niederlassung trug intern den Namen „Wolfsschanze“.
Dirk Gaßmann & Petja Stoy:
Im Zuge der Recherchen von „Kontraste“ und „Spiegel“ zeigte sich, dass Gaßmann sich gegenüber Mitarbeiter:innen und Kooperationspartner:innen explizit und ohne Widerworte rassistisch, volksverhetzend und verschwörungstheoretisch äußerte und wiederholt vom „Tag X“ sprach. Dieser bezeichnet unter rechten Prepper:innen und innerhalb rechter Netzwerke wie „Hannibal“ und „Nordkreuz“ den Tag des Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung (in Deutschland). Der selbsterdachte Auftrag dieser rechten Organisationen und Gruppen ist, an diesem Tag die Ermordung politischer Gegner:innen sowie die Übernahme der Macht. Gaßmann plante unter anderem die Tötung parlamentarischer Abgeordneter, darunter die stellvertretende Parteivorsitzende der LINKEN Martina Renner, so Aussagen eines ehemaligen Mitarbeiters von Asgaard. Renner hatte sich im Zuge einer Bundestagsanfrage mit der Rolle Asgaards im Irak befasst und aufgedeckt, dass das private Unternehmen vor Ort widerrechtlich deutsche Hoheitszeichen nutzte.
Seine hasserfüllte Weltanschauung zeigt Gaßmann auf Facebook. Er postet islamfeindliche Inhalte und beschwört einen nahenden „Rassenkrieg“ herbei, wie ihn auch Akteure der radikalen Rechten in den USA und England phantasieren. Zudem nennt er den Wehrmachtsgeneral und Kriegsverbrecher Kurt Student eine inspirierende Person, befürwortet rechte und Anti-Islam-Parteien wie „Pro NRW“, „Die Freiheit“, „Bürger in Wut“ sowie die „Alternative für Deutschland“ (AfD).
Sein enger Vertrauter und Mitarbeiter Petja Stoy trat 2014 für die AfD zur Stadtratswahl in Aachen an, erzielte jedoch verschwindend geringe Zustimmung.
Asgaards Mitarbeiter und das Netz in die Sicherheitsbehörden:
Im Zuge eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses 2020 zu Asgaard wurde ein Treffen in der damaligen Unternehmenszentrale in Hamm im Juli des gleichen Jahres bekannt. Teilnehmer:innen waren aktive wie ehemalige Mitarbeiter:innen von Asgaard. Die Mehrheit der Anwesenden konnte im Nachgang auf Basis ihrer Social Media-Profile der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden oder sympathisierte dort offen mit dieser.
Unter anderem nahmen der Frankfurter Polizeibeamte Thomas S. und der Neubrandenburger Bundeswehrsoldat Matthias Delf an dem Treffen teil. Beide befanden sich zum Zeitpunkt des Treffens noch in Dienstverhältnissen, was ihre Mitarbeit bei Asgaard formal illegal machte.
Gegen Thomas S. wurde wegen der Weitergabe von polizeilichen, vertraulichen Daten aus Polizeicomputern an Asgaard ermittelt (konkret Bestechlichkeit und Verletzung des Dienstgeheimnisses). Im Zusammenhang des „NSU 2.0“ waren seit 2018 Morddrohungen an Personen verschickt worden, deren personenbezogene Daten u.a. aus hessischen Polizeicomputern abgefragt worden waren. Eine Verbindung zwischen S. und dem „NSU 2.0.“ war nicht Untersuchungsgegenstand. S. war außerdem mehrfach nebenberuflich als Kommando-Führer für Asgaard in der Ukranine, in Kroatien und im Irak “tätig” und in dieser Rolle auf der Website des Unternehmens mit Bild und Namen zu sehen. Im März 2021 wurden seine Wohnräume durchsucht und mehr als 100 Schusswaffen bei ihm entdeckt. Teilweise stammen diese wohl aus der Aservatenkammer seines Frankfurter Polizeipräsidium, aus dem auch Munition stammte, die bei Marko Groß gefunden wurde.
Die Wohnung des Neubrandenburgers Matthias Delf wurde im September 2020 von der Polizei durchsucht. Anlass war die Einschätzung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), dass dieser eine staatsgefährdende Straftat plane sowie mit der Tötung mehrerer Mitarbeiter:innen des MAD drohe. Delf wurde seit 2018 als „rechtsextremer“ Verdachtsfall und „nicht verfassungstreu“ beobachtet, nachdem ihm weitreichende Kontakte in die rechte Szene nachgewiesen wurden. Eine Verbindung zum „Nordkreuz“-Netzwerk, der stark aus Mecklenburg Vorpommern heraus organisierten Terrorzelle, kann nicht ausgeschlossen werden, ist jedoch bisher nicht dokumentiert.
Während der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden am 18.02.2021 sowohl die Büroräume der “Asgaard German Security Group” als auch die Privatwohnung von Dirk Gaßmann durchsucht. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft geschah dies im Kontext der Ermittlung der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Strafttat. Es ist zu vermuten, dass dies im Zusammenhang der Morddrohungen gegen die LINKEN-Politikerin Martina Renner steht. Im Mai 2022 wurden die Ermittlungen gegen Dirk Gaßmann eingestellt. Es gebe keine ausreichenden Gründe für eine Anklageerhebung.
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/ermittlungen-sicherheitsfirma-asgaard-101.html
Weitere Skandale:
Im Kontext weiterer Recherchen wurde zudem aufgedeckt, dass das Unternehmen Asgaard das Gelände der Feuerwehrbildungstätte Ahlen-Brockhausen nutzte, um dort militärische Trainings für interessierte Söldner:innen durchzuführen. Konkret wurde nur ein Fall aus 2017 nachgewiesen, von einer längerfristigen Kooperation kann jedoch ausgegangen werden. Das jährliche Vertragsvolumen zur Nutzung des Geländes belief sich auf etwa 20.000€.
„Kontraste“ deckte außerdem auf, dass einer der Mitarbeiter von Asgaard 2020 unzulässigerweise an Polizeifortbildungen teilnahm.
Im Oktober 2021 werden Arend-Adolf G. und Achim A. verhaftet. Sie sollen versucht haben eine private Söldnerarmee aufzubauen, die im Jemen kämpfen sollte. Sie warennach ihrer aktiven Zeit als Fallschirmjäger der Bundeswehr für Asgaard aktiv gewesen sein, G. zeitweise sogar als deren Geschäftsführer. Beide erhielten 2022 dafür Bewährungsstrafen.
Im Kontext eines Vorfalls in der Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck wird der der Oberstleutnant der Reserve der Bundeswehr Joachim M. im Dezember 2022 entlassen, insofern er homophobe, rassistische und rechte Aussagen gegenüber Auszubildenden äußerte. In den Ermittlungen werden Verbindungen zu Asgaard (führende Mitarbeit) und ins Reichsbürger:innen-Spektrum identifiziert. (https://entnazifizierungjetzt.de/wp-admin/post.php?post=12618&action=edit)
Quellen:
https://www.youtube.com/watch?v=EThqgUABA_Y
https://www.wsws.org/de/articles/2020/09/22/stpo-s22.html
https://www.freitag.de/autoren/michael-schulze-von-glasser/fremde-legion
https://twitter.com/Georg_Heil/status/1321550916324130824 1
https://www.wa.de/hamm/razzia-des-bka-bei-sicherheitsfirma-asgaard-in-hamm-uentrop-90210476.html
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/bundeswehr-dozent-101.html