1997 – 2020 / Hammelburg / Bundeswehr
In der Kaserne und auf dem Truppenübungsplatz in Hammelburg fühlen sich rechtsradikale Soldat:innen offensichtlich wohl. In die Schlagzeilen kommt dieser Bundeswehrstandort aber nur dann, wenn der öffentliche Druck die Verantwortlichen zwingt, Untersuchungen anzustellen oder wenn Journalist:innen recherchieren.
Im Juli 1997 taucht ein Video auf, das Soldat:innen des Gebirgsjägerbataillons 571 aus Schneeberg dabei zeigt, wie sie Hinrichtungs-, Folter- und Vergewaltigungsszenen in Hammelburg nachspielen. Die Soldat:innen werden für den Einsatz in Bosnien vorbereitet.
Am 12.08.1997 wird gegen einen Oberst der Reserve ermittelt, weil er während der Ausbildung für den Auslandseinsatz „Gefangene werden nicht gemacht!“ gesagt hat.
Im Herbst 1997 wird ein zweites, älteres Video öffentlich, in dem die Gebirgsjäger den Hitlergruß zeigen, sich antisemitisch und ausländerfeindlich äußern. Die Szenen sind mit rechtsradikaler Musik hinterlegt. Die Ermittlungen werden 1998 eingestellt (wo genau das Video entstand, ist nicht bekannt).
Diese und andere Fälle mit rechtsradikalen Soldat:innen im Jahr 1997 bringen den damaligen Verteidigungsminister Rühe in die Bredouille und in der Folge wird dieses Thema in der Öffentlichkeit breit diskutiert.
Am 25.11.2011 wird ein Soldat in dieser Kaserne mit einem Nazi – Aufnahmeritual zum Berufsoldat befördert. Er und ein anderer müssen den Hitlergruß zeigen. Es ist wahrscheinlich, dass dieses Ritual regelmäßig stattfand.
Am 26.04.2017 wird der rechte Terrorist und Bundeswehrsoldat Franco A. in Hammelburg festgenommen. Er plante, gemeinsam mit anderen im Rahmen des Hannibal – Netzwerkes, einen Sprengstoffanschlag. Die Entdeckung dieser Terrorzelle löst wieder eine breite Diskussion aus und führt zur „Entdeckung“ weiterer Nazi-Skandale in der Bundeswehr und zum neuen Traditionserlass.
Im Mai 2017 werden zahlreiche Traditionszimmer in deutschen Bundeswehrkasernen öffentlich, in denen NS – Devotionalien ausgestellt sind. Hammelburg macht da keine Ausnahme. Als die Verteidingungsministerin Ursula von der Leyen anordnet, alle Traditionskabinette zu untersuchen, wird ein Rommel – Bild übermalt. Merkwürdig nur, dass die rechtsnationale Zeitung „Junge Freiheit“ als erste davon erfährt.
16.10.2019: Im Rahmen einer Feier fällt ein Hauptfeldwebel wiederholt dadurch auf, dass er andere Ausbilder:innen beleidigt und „Heil Hitler!“ ruft.
Noch heute heißt der Standort General Heusinger Kaserne. Heusinger war hoher Generalstabsoffizier in der Wehrmacht und wesentlich am Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion beteiligt. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst illegal für die Organisation Gehlen, dem späteren BND, und war dann einer der „Gründungsväter“ der Bundeswehr. Eine Umbenennung der Kaserne lehnte die Verteidigungsministerin ab. Die Kaserne liegt in der Rommelstraße – das passt doch gut.
https://www.welt.de/print-welt/article639385/Skandal-erschuettert-Bundeswehr.html
https://www.jungewelt.de/artikel/1277.herr-oberst-klopft-parolen.html
https://www.welt.de/print-welt/article643451/Neues-Skandal-Video-von-Soldaten-aufgetaucht.html
http://antifadueren.blogsport.de/2017/08/03/laengerer-hals-erwuenscht/
https://augengeradeaus.net/2017/05/debatte-um-kasernennamen-der-bundeswehr-wie-denn-nun/