1968 / Berlin / Braunbuch
1968 erscheint in Ostberlin die 2. Auflage des „BRAUNBUCH – KRIEGS- UND NAZIVERBRECHER IN DER BUNDESREPUBLIK UND IN WESTBERLIN“.
Es zählt auf, wie viele ehemalige Funktionsträger des Nationalsozialismus in den 50er und 60er Jahren am Aufbau der Bundesrepublik beteiligt waren.
Zitat aus der Einführung: „Zu den Stützen der Hitlerdiktatur, den Wegbereitern und Nutznießern der Judenverfolgung, den Organisatoren und Kommandeuren der Überfälle auf fast alle Länder Europas, zu den überführten Mördern von Antifaschisten und Widerstandskämpfern, die heute in Westdeutschland wieder tätig sind, zählen:
der Bundespräsident,
20 Angehörige des Bundeskabinetts und Staatssekretäre,
189 Generale, Admirale und Offiziere in der Bundeswehr oder in den NATO-Führungsstäben sowie Beamte im Kriegsministerium,
1118 hohe Justizbeamte, Staatsanwälte und Richter,
244 leitende Beamte des Auswärtigen Amtes, der Bonner Botschaften und Konsulate,
300 Beamte der Polizei und des Verfassungsschutzes sowie anderer Bundesministerien.“
https://web.archive.org/web/20101120003431/http://braunbuch.de/0-02.shtml
Unter diesen sind auch hunderte Täter, die am Aufbau und der Gestaltung der Sicherheitsbehörden beteiligt waren. Sie haben diesen Bereich der jungen Bundesrepublik maßgeblich geprägt. Nicht selten wurden Netzwerke aus alten Nazis gebildet: Diese Netzwerke sorgten dafür,
– dass ihresgleichen nicht nur unbehelligt blieben, sondern auch in der Hierarchie weiter aufsteigen konnten,
– dass ihresgleichen nicht verurteilt und Ermittlungen und Prozesse verschleppt wurden,
– dass ihresgleichen Strukturen und Haltungen prägten, die auch noch heute wirken.
In der BRD war das Buch als propagandistisches Machwerk verboten. Heute wissen wir, dass 99% der Angaben richtig waren und es ein wertvolles historisches Dokument ist. Es beweist, dass die Entnazifizierung der Bundesrepublik gescheitert ist.
Schauen wir auf diese Zeit mit Entsetzen zurück und betrachten mit Erschütterung heutige Vorgänge, so stellen wir fest: Es gibt eine faschistische Kontinuität in den Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik, die uns beängstigen muss.
https://web.archive.org/web/20101119233343/http://braunbuch.de/index.shtml
„Der Haupteinwand, der heute gegen das Braunbuch erhoben werden kann, besteht darin, dass es zu wenige Namen nannte. Eben wegen der kompakten Fülle angesehener westdeutscher Adressen erweckte es ungewollt auch die Illusion, alle Nichtgenannten hätten mit dem Nationalsozialismus nichts oder nur wenig zu tun gehabt. Davon konnte keine Rede sein, wie die Forschungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen.“ (Götz Aly, 2002,)