19.02.2011 – November 2014 / Dresden / Polizei / Justiz
Prozess gegen Lothar König
Der Jugendpfarrer Lothar König aus Jena beteiligt sich mit seinem Lauti regelmäßig an den Gegenprotesten des jährlich im Februar in Dresden stattfindenden Naziaufmarsches, so auch am 19. Februar 2011. Ein halbes Jahr später, am 10. August 2011, durchsuchen 35 sächsische Polizist_innen um 6 Uhr morgens seine Pfarrerswohnung nach Hinweisen für Landfriedensbruch und beschlagnahmen den „als schweres Tatwerkzeug“ geltenden Lauti, Computer und Dokumente, obwohl König nicht anwesend ist.
In der Anklageschrift steht, er habe sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, dabei hat eine Befragung durch die Polizei nie stattgefunden. „Wie soll jemand beweisen, dass er etwas nicht gesagt hat, wenn er gar nicht weiß, was er gesagt haben soll?“, so Königs Rechtsanwalt Johannes Eisenberg. Dieser spricht von „einem klassischen Fall der Beweismittelunterdrückung“, nachdem er zufällig in den Akten des Gerichts mehr als 170 Seiten ungeordnetes Material entdeckte.
Die Staatsanwaltschaft Dresden wirft ihm zwei Jahre später schweren Landfriedensbruch, Beihilfe zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Strafvereitelung vor. Er soll mit seinem Lauti gewaltbereite Jugendliche zu Angriffen gegen Polizisten aufgehetzt haben, indem er rief: „Deckt die Bullen mit Steinen ein.“
Als Zeuge dafür steht Alexander E., Bundespolizist und Führer einer Hundertschaft aus Pirna, vor Gericht: Königs Lauti habe als Kopf einer tausend Menschen umfassenden Demo fungiert und die Demoteilnehmenden zur Gewalt gegen die Polizei aufgerufen. Eine Kamera auf dem Dach des Lautis beweist jedoch das Gegenteil. Vielmehr zeigt sich ein weiterer Fall von Polizeigewalt, denn einer der Polizisten verprügelte einen Demontrationsteilnehmenden mit einem Schlagstock.
Mindestens drei Befragungsprotokolle von Polizist_innen, die König entlasten, verschwinden aus den Gerichtsakten. Auch die Videos der Polizei widerlegen den Vorwurf gegen König. Die Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Dresden gerät im Mai 2013 zur Farce.
Im Juni 2013 tauchen Rohdaten der entlastenden Videos auf. Diese zeigen bei einer ersten Sichtung deutlich: Die ermittelnden Beamten hatten Sequenzen manipulativ zusammengeschnitten. Der Prozess wird ausgesetzt.
Einen Monat später beantragt Königs Verteidiger die Einstellung des Verfahrens. Im November 2014 wird das Verfahren gegen Lothar König gegen die Zahlung eines Bußgeldes von 3000 Euro eingestellt.
https://twitter.com/KatharinaKoenig/status/1425154460431667202
https://www.spiegel.de/thema/lothar_koenig/
https://taz.de/Ermittlungen-gegen-Polizisten/!5066060/