Eine (sehr) kurze Geschichte der Polizei in der Bundesrepublik Deutschland
Kaum eine andere staatliche Institution war so stark mit dem Nationalsozialismus verknüpft wie die Polizei. Gedacht sei hier nur an die Geheime Staatspolizei (Gestapo), verantwortlich für Mord und tausendfache Folter, oder an die Einsatzgruppen der Polizei, die in den besetzten Ostgebieten Jagd auf Jüdinnen und Juden machten und sie kaltblütig ermordeten. Bis in die untersten Gliederungen war die deutsche Polizei Bestandteil des mörderischen Terrorregimes. Ideologie, Organisationsaufbau und Handeln der deutschen Polizei waren nationalsozialistisch. (1)
Nach dem Krieg scheiterte die „Entnazifizierung“ des Polizeiapparates vor allem in den westlichen Besatzungszonen. Unzählige Beamte, die bereits vor 1945 tätig gewesen waren, blieben oder gelangten nach kurzer Zeit wieder in den Polizeidienst. Ein erschreckendes Beispiel dafür ist die Unterwanderung des 1951 gegründeten Bundeskriminalamtes (BKA) durch Kriegsverbrecher und Schreibtischtäter, den sogenannten „Charlottenburgern“ (2).
In der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR erfolgte die „Entnazifizierung“ konsequenter. Bis auf sehr wenige Ausnahmen wurden alle Polizisten, die vor dem 8. Mai 1945 und damit in der Nazizeit tätig gewesen waren, entlassen und ersetzt. Die Polizei der DDR deshalb antifaschistisch zu nennen, fällt trotzdem schwer. Gerade die nicht vorhandene Trennung von Geheimdienst und Polizei in Form der Staatsicherheit (Stasi) beförderte einen unterdrückenden Sicherheitsapparat, der regelmäßig gegen Grundrechte verstieß. In den letzten Jahren der DDR verharmlosten die Verantwortlichen in der Polizei der DDR darüber hinaus auch das Erstarken von Nazis im Land.
Der Aufbau einer „neuen“ Polizei erfolgte zunächst durch die Siegermächte und wurde später in der BRD nach dem föderalen Prinzip gestaltet. Aller demokratischen Ansprüche zum Trotz blieb die deutsche Polizei nicht nur personell dem alten Regime verhaftet. Organisation und innere Verfasstheit waren obrigkeitshörig und militärisch geprägt. Ordnung und Sauberkeit galten beispielsweise als Haupttugenden. (3) Unter diesen Voraussetzungen gelang es Rechtsradikalen immer wieder, in der Polizei oder den ihr angegliederten Strukturen Fuß zu fassen. In der „Freiwilligen Polizeireserve“ Berlin konnten noch 1993 bis zu 500 Menschen „mit problematischer Vergangenheit“ unterkommen. (4)
In den 70er Jahren wurde mit dem Kampf gegen den „linken Terrorismus“ der Sicherheitsapparat etwa durch die computergestützte „Rasterfahndung“ (5) ausgebaut. Durch die erstarkende linke emanzipatorische Bewegung ab 1968 sah sich die Polizei jedoch gleichzeitig zunehmender Kritik an ihrem Obrigkeitsverhalten und ihrer geringen Transparenz ausgesetzt, gerade bei Fehlverhalten der Beamt*innen selbst. Immer wieder gab es Berichte über Polizeigewalt oder Nazis in der Polizei. Eines von vielen Beispielen: 1985 informierten Dortmunder Polizisten die faschistische „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ über Proteste von Antifaschist*innen anlässlich einer Nazi-Demo. (6)
Noch immer kommen nahezu täglich Fälle extrem rechter Polizisten ans Licht. Ob als Teil rechter Chatgruppen oder als Mitglied rechter Vereine wie Uniter. Oder Fälle, in denen Ermittlungen und Aufklärungsarbeit durch die Polizei verhindert werden. Verurteilt werden die wenigsten Polizist*innen, gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft. (7) Fraglich bleibt, ob die bundesdeutsche Polizei dem Anspruch gerecht wird, im Dienst der Demokratie und aller Menschen zu stehen, und wie sehr rechte Netzwerke heute bei der Polizei ungehindert agieren können.
(1)https://www.bpb.de/apuz/30822/die-polizei-in-deutschland-1945-1989?p=1
(2)http://www.dieter-schenk.info/Anhang/Publikationen/vortraege/Die-Charlottenburger-1.pdf
(3)https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42675539.html
(4)https://de.wikipedia.org/wiki/Freiwillige_Polizei-Reserve
(5)https://netzpolitik.org/2018/horst-herold-erfinder-der-rasterfahndung-gestorben/
(6)https://www.polizeigeschichte-infopool.de/chronik-polizeigeschichte-nrw/80er-jahre/
(7)https://taz.de/Ermittlungsverfahren-gegen-Polizisten/!5020931/