10.08.2011 – 10.11.2014 / Jena / Justiz / Polizei
Am 10. August 2011 wird die Wohnung des Jugendpfarrers Lothar König durchsucht. Es werden Beweise für einen etwaigen Landfriedensbruch, Beihilfe zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Strafvereitelung gesucht.
Er soll am 19. Februar 2011 auf einer Anti-Nazi-Demonstration gegen den sogenannten „Gedenkmarsch“, dem damals größten Neonazi-Event Europas, in Dresden von seinem „Lauti“ aus zu Gewalt gegen Polizist:innen aufgerufen haben, indem er „Deckt die Bullen mit Steinen ein!“ rief. Dass Lothar König seit Jahrzehnten für seinen ausschließlich pazifistischen Protest gegen gesellschaftliche Missstände und faschistische Tendenzen bekannt ist, kümmert die Strafverfolgungsbehörden genauso wenig, wie das überaus reichhaltige, aber inhaltlich dünne und widersprüchliche Beweismaterial zu den vorgeworfenen Taten.
Am 04. April 2013 wird die Hauptverhandlung gegen ihn eröffnet, in deren Rahmen Mannschaftsführer auftreten, deren Aussage und Belastung Königs durch Videoaufnahmen widerlegt werden, entlastende Akten aus Polizeibeständen auf ominöse Weise verschwinden, entlastende Aussagen von Polizist:innen auftauchen, die kaum ernst genommen werden.
Am 02. Juli 2013 wird dann der Prozess aufgrund neu aufgetauchter Video- und Bildrohaufnahmen, die Lothar König womöglich entlasten, ausgesetzt. Die anschließende Sichtung erhärten den Verdacht, dass die Polizei das Rohmaterial auf manipulative Weise zusammengeschnitten hat und für König entlastende Szenen nicht in die vorgeführte Sequenz integriert hat. Auch die Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer gibt nun zu, dass aufgrund des Materials nicht mehr von einem dringenden Tatverdacht gesprochen werden kann.
Das Verfahren wird schließlich am 10. November 2014 gegen Zahlung von 3000 Euro eingestellt – ohne dass je ein nachvollziehbarer Beweis gegen Lothar König erbracht worden wäre.
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