04.08.1986 / Frankfurt / Bundeswehr
Die Frankfurter Rundschau veröffentlicht eine Rede des deutschen Militärattachés in Chile (zu dieser Zeit unter der faschistischen Diktatur von Pinochet) Hans-Joachim Müller-Borchert, die er anlässlich einer Ordensverleihung an ihn hielt: “…Oftmals habe ich an Beerdigungen junger Polizisten teilnehmen müssen, die auf heimtückische Weise von Terroristen ermordet wurden. Ich habe dabei den tiefen Schmerz, die ganze Trauer und völlige Verzweiflung ihrer Familienangehörigen erlebt, die Verzweiflung ihrer Eltern einfachster Herkunft, die ihrer Ehefrauen und die ihrer Kinder. Aber nicht ein einziges Mal habe ich dort auch jene getroffen, die die sogenannte ‘Gewalt des Staates’ kritisieren und verurteilen. Wenn es sich um diese ‘Gewalt des Staates’ handelt, so scheint es mir, rufen deren selbsternannte Wächter mit lauter Stimme. Doch wenn es um Blutbäder des Terrorismus geht, murmeln sie allenfalls mit leiser Stimme ihre Ablehnung, und das auch noch auf verschiedenste Weise verklausuliert. … unglücklicherweise scheinen die Gräber derjenigen Toten, die von marxistisch-leninistischen Terroristen ermordet wurden, nicht der geeignete Ort zu sein, um dort auch solche Wächter anzutreffen. Mir wäre es ein großes Bedürfnis gewesen, sie einmal zu fragen, wann sie denn schließlich auch einmal einen Protesttag gegen die Terrorgruppen der extremen Linken organisieren würden…”.
Die Rede, die vorher von der Botschaft abgesegnet worden war, erregt in der BRD einiges Aufsehen. CDU Generalsekretär Geißler sagt: „Der Militärattaché hätte auch
zu der Gewaltanwendung von Militärs Stellung nehmen müssen, die zwei junge Menschen mit Benzin übergossen, angezündet und mit Gewehrkolben zusammengeschlagen hätten.“
Nachdem Attaché Müller-Borchert einige Wochen später eine ähnliche Rede vor chilenischen Militärs gehalten hatte, wird ihm Redeverbot erteilt. Die „Grünen“ fordern seine Ablösung. Das Verteidigungsministerium distanziert sich aber lediglich vom Verhalten Müller-Borcherts. Weitere Konsequenzen sind nicht bekannt.