1977 – 2017 / München-Neubiberg / Bundeswehr
Die lange Reihe von Naziskandalen an der Bundeswehrhochschule in München
Februar 1977: Nach einem Saufgelage ziehen Studenten der Münchener Bundeswehrhochschule vor eine Müllverbrennungsanlage, skandieren „Sieg Heil“ und singen Nazilieder. Anschließend schreiben sie das Wort „Jude“ auf Papierfetzen und werfen sie ins Feuer. Erst als andere Offiziere eingreifen, endet die gespenstische Szene.
Der Vorfall wird der Universitätsleitung gemeldet. Diese meldet dies aber nicht weiter. Die betreffenden Studenten werden nicht bestraft, stattdessen lediglich belehrt.
Erst nach 6 Monaten wird der damalige Verteidigungsminister Leber informiert. Nach öffentlichem Druck werden die Leutnants entlassen. Ein Gericht setzt die Entlassung im Januar 1978 außer Kraft. Ob die Bundeswehr ihre Entlassung durchgesetzt hat, können wir heute nicht mehr nachvollziehen.
https://www.fr.de/ueber-uns/dann-lasst-doch-juden-verbrennen-11708454.html
https://www.spiegel.de/politik/schluss-ende-a-d9e5c26b-0002-0001-0000-000040859195?context=issue
1992: Der Kommandant der Hochschule Oberst Dirk von Grone weigert sich anzuweisen, Reichskriegsflaggen aus den Unterkünften zu entfernen. Soldaten hatten sich beschwert, dass zwei Fähnriche diese Fahnen aufgehängt hatten. Grone begründete seine Weigerung so: „Die Reichskriegsflagge sei ein Symbol der Kaiserzeit und habe mit Rechtsradikalismus nichts zu tun. Außerdem gefalle ihm die Heraldik der Flagge – ein eisernes Kreuz auf weißem Grund.“ Erst auf Befehl des Heeresamtes lässt er die Fahnen entfernen.
https://taz.de/Wieder-ein-quotEinzelfallquot-beim-Militaer/!1369411/
März 1998: Der Geschichtsprofessor der Bundeswehrhochschule München Franz W. Seidler hält vor Neonazis und rechten Burschenschaftlern in Dresden einen Vortrag über „Die Wehrmacht im Partisanenkrieg des Ostens“.
https://taz.de/Neuer-Naziskandal-um-die-Bundeswehr/!1355933/
Oktober 2003: Der rechtsradikale Historiker und Redakteur Karl Richter nahm bis Oktober 2003 an Wehrübungen als Ausbilder teil. Bei diesen Übungen hat Richter auch Vorträge und Schulungen zum Thema Rechtsextremismus durchgeführt. Dabei sei Vorgesetzten die rechte Haltung Richters nicht aufgefallen. Nach eigenen Angaben verfügte er über Kontakte zu rechtsradikalen Gesinnungsgenossen an der Bundeswehrhochschule in München.
Richter war Mitglied der NPD, der Deutschen Liga für Volk und Heimat und Redakteur der Zeitschrift „Nation und Europa“ und der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“. In den 2000er Jahren war er Münchener Stadtrat für die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“.
https://www.faz.net/aktuell/politik/bundeswehr-rechtsextremist-schulte-soldaten-1195046.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Richter_(Politiker,_1962)
2000er Jahre: Maximilian Tischer (Hannibal: https://entnazifizierungjetzt.de/hannibals-schattenarmee/) studiert an der Universität.
Oktober 2005: Die Stubentür eines Offiziersschülers wird mit „Judensau“ beschmiert. Der Vorfall wird erst nach über einem Jahr bekannt gemacht. Die Ermittlungen werden eingestellt. Universitätssprecher Brauns spricht von einem absoluten Einzelfall.
Juli 2011: Martin Böcker, Autor der neurechten Zeitschrift Sezession und Unterstützer des „Instituts für Staatspolitik“, wird Chefredakteur der Universitätszeitung Campus. Dabei sind auch die bekannten rechten Aktivisten Felix Springer und Larsen Kempf. Obwohl die Universitätsleitung Böcker wieder absetzen will, entscheidet sich der „Studentische Konvent“ für seinen Verbleib.
https://taz.de/Neue-Rechte-an-der-Bundeswehr-Uni/!5116180/
2013 geben drei rechten Soldaten das Buch: „Soldatentum – Auf der Suche nach Identität und Berufung der Bundeswehr heute“ heraus. Einer der Autoren in diesem Sammelband ist der spätere Social-Media-Beauftragte der Bundeswehr: Marcel Bohnert. Bohnerts Affinität zur rechten Szene wurde 2020 aufgedeckt (https://entnazifizierungjetzt.de/2014-juli-2020-berlin-bundeswehr/)
Mai 2017: Im Rahmen der Untersuchungen zu Franco Albrecht (Hannibal-Netzwerk) wird ermittelt, dass vier Studenten der Bundeswehrhochschule Kontakte zur Identitären Bewegung haben. Darunter ist auch Felix Springer, der inzwischen als Oberleutnant in Ostbayern stationiert ist. Zwei der Offiziere werden später entlassen. Sie sollen durch das Verwenden von verfassungsfeindlichen Symbolen und rechten Parolen aufgefallen sein. Ob Felix Springer dazu gehörte oder von sich aus den Dienst quittiert hat, wissen wir nicht.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/zwei-offiziersanwaerter-entlassen,6crkjd9k6wr3gc1h68t34c9j6cuk4