19.06.1993 / Prieros bei Königs Wusterhausen / Polizei
Ein als Geburtstagsfeier getarntes Nazi-Konzert mit mehr als 800 Nazis konnte von der Polizei unbehelligt in Prieros nahe Königs Wusterhausen stattfinden. Für die Genehmigung und das Gelände war Wolfgang Wendland, der Bürgermeister von Gussow, verantwortlich. Dem Einsatzleiter der örtlichen Polizei erzählte er am Nachmittag des 19. Juni 1993, dass es sich um die Geburtstagsfeier seines Sohnes handele. Zu diesem Zeitpunkt waren schon etwa 250 Nazis anwesend. Auch die Anrufe der Nachbar:innen, die sich über Naziparolen beschwerten, führten zu keiner Reaktion von Seiten der Polizei. Lediglich ins benachbarte Zeesen, wo sich Antifas gegen einen Überfall durch die Nazis absicherten, wurde eine Polizeieinheit geschickt.
Schon am 21.05.1993 wurde der Potsdamer Dienststelle von der Dortmunder Polizei mitgeteilt, dass ein solches Skinheadkonzert stattfinden würde. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Teilnehmenden für gewalttätige, verfassungsfeindliche Ausschreitungen bekannt sind. Der brandenburgische Verfassungsschutz bestätigte dies am 11.6. und konnte 30 Stunden vor Konzertbeginn den genauen Ort benennen. Maßnahmen gegen die Teilnehmenden oder den Gastgeber gab es keine. Es erfolgte lediglich eine Belehrung über ruhestörenden Lärm.
Potsdams Polizeipräsident Detlef von Schwerin verteidigte die Untätigkeit der zuständigen Beamten. Innenminister Alwin Ziel sprach von Fehlern bei der Beurteilung der Lage vor Ort. Erst Tage später wurde bekannt, dass bei dem Treffen Bands spielten, die ein Verbot des Konzertes gerechtfertigt hätten. Alwin Ziel wollte klären lassen, wer für die Informationsdefizite verantwortlich war. Eine Dringlichkeitssitzung des Innenausschusses wurde einberufen. Auf dieser wurde die Verantwortung für die Untätigkeit der Polizei vollständig dem Potsdamer Einsatzleiter und dem ortsansässigen Schutzbereichsleiters aus Königs Wusterhausen in die Schuhe geschoben. Ihnen hätte die Sensibilität gefehlt und deshalb wären sie zu dieser falschen Lageeinschätzung gekommen. Sie hätten SS-Uniformen, Hakenkreuzfahnen und „Heil Hitler“ Rufe übersehen. Sie müssten mit Disziplinarmaßnahmen rechnen.
https://taz.de/1000-rechtsradikale-Skins-und-keine-Polizei/!1609558/
https://www.nd-aktuell.de/artikel/428085.beurteilungsfehler.html