29.04.2018 – 2022 / Fretterode / Polizei / Justiz
Am 29.04.2018 überfielen Neonazis zwei Journalisten und verletzten diese schwer. Nach einer Verfolgungsjagd stoppten sie das Auto der Journalisten und zerstörten die Reifen und Scheiben des Autos. Einem der Journalisten schlugen sie mit einem schweren Schraubenschlüssel auf den Kopf, sodass es zu einer Schädelfraktur kam. Dem zweiten fügten sie mit einem Messer eine Stichwunde am Bein zu und raubten die Kameraausrüstung.
Die Polizei ermittelte zeitweise auch gegen die Opfer, die Täter konnten Beweismittel vernichten, erst als der öffentliche Druck zunahm, übernahm das LKA Erfurt die Ermittlungen. Die Anklageerhebung begann erst im Januar 2021, der Prozess soll nun im September 2021 stattfinden. Obwohl die Verletzungen auch tödlich hätten sein können, wird nur wegen schweren Raubes und gemeinschaftlicher Körperverletzung verhandelt.
Inzwischen konnte sich einer der Täter, Nordulf Heise, in die Schweiz absetzen. Der andere Täter lebt unbehelligt bei dem bekannten Nazi Thorsten Heise.
Beim Prozess im September 2021 kommt es zu einem Eklat, als ein Polizist nach seiner Aussage vor Gericht den Verteidiger eines Angeklagten im Gerichtsflur gefragt haben soll, ob das, was er gesagt habe, in Ordnung war. Gegen den Polizisten wird ermittelt.
23.03.2022 Beim Prozess gegen die Nazi-Schläger von Fretterode stellt die Nebenklage einen Beweisantrag, um festzustellen, dass die beiden Angeklagten in enger Beziehung zur “Arischen Bruderschaft” standen. Die Mitglieder dieser gewalttätigen Nazivereinigung werden oft als Sicherheitsdienst bei Rechtsrockkonzerten eingestzt und sind praktisch die Hausmacht von Thorsten Heise.
09.05.2022 Die Nebenkläger stellen den Beweissantrag die politischen Beweggründe der Angklagten zu untersuchen. Das geschieht um eine Entpolitisierung des Verfahrens zu verhindern.
15.09.2022 Zu einem skandalösen Urteil kommt das Gericht im “Fretterode” Prozess. Es verurteilt die beiden Nazischläger Nordulf Heise und Gianluca Bruno zu Bewährungsstrafen bzw. Sozialstunden.
Das Gericht wertete den Überfall nicht als Angriff auf die Pressefreiheit. Die Angeklagten hätten ihre Opfer als Angehörige der linken Szene erkannt, dafür spreche der Ruf “Zecken” der während des Überfalls fiel. Die Richterin wertete den Angriff offenbar als legitime Auseinanderstzung zwischen “zwei ideologischen Lagern”, die “weit auseinander liegen”.
Das Urteil und seine Begründung wurde von vielen Stellen hart kritisiert. Nebenklage und Journalistenverband sprachen von einem “fatalen Signal”. Sie befürchten ein Signal in die falsche Richtung. Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus in der Fraktion der Linken, sprach von einem wiederholtem Versagen der Justiz und spielte damit auf den Ausgang des “Ballstädt” Prozesses an.
Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein.
https://tatort-fretterode.de/wp/
https://www.jungewelt.de/artikel/408152.aufarbeitung-rechter-gewalt-prozess-mit-langem-vorlauf.html
2012, “Drei Jahre: Kein Prozess – Kein Urteil – Keine Kosequenzen”, Antifaschistisches Infoblatt 131 / Sommer 2021, S.26f