2016 – 2020 / Mecklenburg – Vorpommern / Nordkreuz
Erst Bundeswehr, dann LKA, und schließlich Chef einer rechtsradikalen Terrorzelle: So lässt sich die Karriere von Marco Groß zusammenfassen. Schon während seiner Zeit bei der Bundeswehr in den 1990er Jahren fiel Groß durch ein ausgeprägtes Interesse an der militärischen Geschichte der NS-Zeit auf. Im Polizeidienst brachte er Bücher über die SS und die Wehrmacht zur Arbeit mit oder erschien in T-Shirts mit rechtsradikalen Parolen. Darüber gab es Beschwerden von Kollegen – doch die Vorgesetzten von G. unternahmen nichts.
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Ab 2016 geriet Marko Groß dann ins Visier von Ermittler:innen: Als Gründer und Leiter der Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ und Administrator des gleichnamigen Telegram-Chats. Die Mitglieder dieser Gruppe – darunter ein Bundeswehrmajor, ein Kriminalkommissar, mehrere ehemalige SEK-Mitglieder und eine große Gruppe von Reservisten – bereiteten sich auf einen sogenannten Tag X vor, an dem die Gesellschaft und der Staat zusammenbrechen würden. Doch es handelt sich keineswegs um harmlose Spinner, die nichts weiter tun, als in ihren Kellern Konservendosen zu horten: Die Gruppe Nordkreuz plante, diesen Zusammenbruch zu nutzen, um Linke und „Flüchtlingshelfer“ zu töten. Dafür führten sie Todeslisten, auf denen tausende Namen verzeichnet waren.
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Sie planten die Anschaffung von Ätzkalk und Leichensäcken, um die Toten zu beseitigen und besprachen, welche Lagerhallen man für die Internierung politischer Gegner:innen nutzen könne.
Und sie legten Depots mit Waffen und Munition an. Allein bei Marko Groß wurden bei zwei Razzien rund 55.000 Schuss Munition gefunden, die aus Beständen mehrerer Landespolizeien, der Bundespolizei, der Bundeswehr und des Zolls stammen soll. Wie sie in die Hände von Marko Groß gelang, ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Über das sogenannte Hannibal-Netzwerk war die Nordkreuz-Gruppe mit weiteren Gruppen verbunden, auch der Rechtsterrorist und Oberleutnant Franco A. gehörte zu diesem Netzwerk. Mehrere Nordkreuz-Angehörige, auch der Gründer Marko Groß, sind Mitglieder der AfD.
Im Dezember 2019 wurde Marko Groß zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, die weit unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß lag. Nicht nur die Ermittlungen selbst, sondern auch die Informationspolitik gegenüber Betroffenen, also etwa Menschen, die auf den Feindeslisten stehen, werden immer wieder scharf kritisiert. Eine Untersuchungskommission des Landes Mecklenburg-Vorpommern legte im März 2020 einen 100-seitigen Bericht zur Gruppe Nordkreuz vor. Doch der Inhalt ist in großen Teilen geheim: Lediglich eine achtseitige Version wurde veröffentlicht. Auf die Kritik des Berichts, die LKA-Führung habe nicht genug gegen rechte Umtriebe in ihrer Behörde getan, reagierte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, indem er den LKA-Chef versetzte – in den Verfassungsschutz, Fachbereich Rechtsextremismus (6).
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Eine wichtige Rolle im Nordkreuz Netzwerk spielt der Schießplatz bei Güstrow. Inhaber Frank T. war selbst Mitglied bei Nordkreuz. Der Schießplatz diente jahrelang der Polizei, dem Zoll und anderen Sicherheitsbehörden als Übungsplatz. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Platz bei der Beschaffung und Verteilung der Waffen und Munition eine wichtige Rolle spielte.
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Der Innenminister von Mecklenburg Vorpommern musste im November 2020 zurücktreten, weil er beim Inhaber des Schießplatzes Frank T., auch noch nachdem er von seinem Bezug zu Nordkreuz wusste, Jagdwaffen gekauft hat.