1951 / Frankfurt am Main / Verfassungsschutz
Im Juni 1950 wurde der Verband “Bundes Deutscher Jugend” als rechtes, „antisowjetisches“ Gegengewicht zur kommunistischen “Freien Deutschen Jugend” von ehemaligen NS-Persönlichkeiten gegründet. Nach eigenen Angaben umfasste der Verband zu Hochzeiten etwa 17.000 Mitglieder, von denen eine Vielzahl über 30 Jahre alt war und relevante Biografien in Wehrmacht, SS und Gestapo vorweisen konnte. Aufgrund der Besetzung der BDJ-Führungskräfte aus hauptberuflichen Militärs der NS-Armee, entwickelte der BDJ zunehmend militärische, antikommunistische und konspirative Konturen.
1951 wurde dann das Büchlein »Bürger und Partisan – Über den Widerstand von gestern, heute und morgen« zum Leitfaden der Gründung des sogenannten „Technischen Dienstes“ des BDJ, einer rechten Guerillagruppe, die nach einer möglichen sowjetischen Invasion Westdeutschlands aktiv werden sollte. Ziele der Gruppe nach dem sogenannten „Tag X“ waren linke bis bürgerliche Politiker:innen und Parteimitglieder, die es auszuschalten galt. Neben ihrer Aufgabe, akribische Feindeslisten aufzusetzen, wurden Kenntnisse des bewaffneten Kampfes, der Zerstörung kritischer Infrastruktur sowie anderer Sabotage-Aktionen vermittelt. Neben der auffallenden Analogie zu heutigen rechten Preppergruppen, ist erschreckend, dass der BDJ Gelder deutscher Industrieunternehmen (Bosch, Salamander, etc.) und -Verbände, Ministerien sowie aus amerikanischen Geheimdienstkreisen erhielt. Letzte stellten u.a. gefälschte Ausweisdokumente und Fahrerlaubnisse sowie Ausbildungsplätze (amerikanische Truppenübungsplätze) und Material bereit. Zeitweise belief sich das Vermögen des Verbands auf 1,7 Millionen Mark. Zum Verfassungsschutz in Köln existierte reger Kontakt und der Bundesverfassungsschutz führte den TD als nachrichtendienstliche Quelle. Auch Kontakte zum Referenten des Bundeskanzlers konnten in Jahrzehnten der Recherchearbeit aufgezeigt werden.
Der hessische Innenminister sah sich 1952 schließlich gezwungen, die Organisation zum Untersuchungsfall zu machen, sodass sie im Januar 1953 verboten wurde. Tiefgehende Ermittlungen gegen Beteiligte und (westliche) Hintermänner, ließ der polarisierte Ost-West-Konflikt vermeintlich nicht zu. Die Verfolgung bis dato nicht aufgefundener TD-Mitglieder wurde 1955 aufgehoben, da „die besondere Zeitlage“ berücksichtigt werden müsse. In einigen Fällen ist in den 90er Jahren aufgedeckt worden, dass ehemalige Todeslisten und Namensregister des TD von Landesämtern des Verfassungsschutzes für die eigene Arbeit übernommen wurden.
https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/167686/ohne-fuehrer-und-bekennerschreiben