01.05.2017 / Halle (Saale) / Justiz
Carsten M. und seine Lebensgefährtin Martina H. überfallen am Rande der Maidemonstration Menschen mit Steinen, Flaschen, Böllern, Schlagstöcken und einem Starkstromkabel und verletzten diese dabei schwer. Unterwegs sind sie mit zwei voll besetzten Wagen aus Bayern und Hessen, darin weitere Neonazis, allesamt gekleidet in schwarzen “Aryans” und “Support your Race”-Shirts. Angeklagt werden lediglich die beiden.
Im Rahmen einer Hausdurchsuchung bei Carsten M. und Martina H. werden neben einem gewaltigen Vorrat besagter Shirts diverse Nazi-Devotionalien und Schusswaffen sichergestellt – M. war zuvor u. a. wegen “fahrlässigen Führens einer Schusswaffe” verurteilt worden.
Die zunächst zuständige hallesche Staatsanwältin will den Fall vor dem Amtsgericht, der untersten Instanz, verhandeln. Erst auf Antrag der Nebenklägerin kommt der Fall vor das Landgericht, gegen den Widerstand der Staatsanwaltschaft. Diese hatte den schweren Übergriff bagatellisiert: „Die von den Angeklagten gezeigte Aggressivität geht nicht über das hinaus, was bedauerlicher Weise im Umfeld sogenannter politischer Veranstaltungen inzwischen üblich ist.“ Die Strafkammer befand schlussendlich, das Verfahren „wegen seiner außerordentlichen Bedeutung“ vor dem Landgericht stattfinden zu lassen.
Die Richterin verurteilt Carsten M. am 08. Februar 2019 wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, Martina H. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und zwei Wochen, ausgesetzt zur Bewährung – und unterschreitet damit das vom nunmehr zuständigen Staatsanwalt geforderte Strafmaß um jeweils zwei Monate.
Zwar hieß es in der mündlichen Urteilsbegründung: „Stattgefunden hat eine Jagd auf Gegendemonstranten.“ Doch blieb insbesondere die Gruppenzugehörigkeit der Angeklagten außen vor – dies sei nicht Gegenstand der Anklage gewesen und müsse in einem gesonderten Verfahren festgestellt werden.
Im Zusammenhang mit diesem Fall steht ein weiterer Skandal: Ein Polizist aus Hessen hat in den Jahren 2016 Daten zu Carsten M. abgefragt und an seine Freundin Martina H. weitergegeben. siehe hier
https://taz.de/Prozess-gegen-Neonazi-Gruppe-Aryans/!5571525/
https://transit-magazin.de/2019/03/aryans-vor-dem-landgericht-halle/